Die einstige Zähmung des Inn

Erste Dammbauten bereits ab 1850

Bereits um 1850 beschloss Bever, dass der Hochwasserschutz eine wichtige Aufgabe für das Gemeinwohl sei und nahm die Kanalisation des Inns in Angriff. So versuchten unsere Vorfahren, das Weide- und Wiesland bei Sur Ent (Rossweide) und Isellas sowie die Brücke vor Überschwemmungen zu schützen. Sie bauten die ersten Dämme und zwangen Inn und Beverin in einen geradlinigen Lauf. Um optimale Bedingungen für die Landwirtschaft zu schaffen, legten sie ein Entwässerungssystem mit kleinen Erdwällen an. Diese sind im Gebiet zwischen der Isellasbrücke und dem Gravatschasee heute noch sichtbar. Grosse Überschwemmungen suchten Bever in den Jahren 1885 und 1888 heim. Der mit viel Mühsal errichtete Damm brach an mehreren Stellen, worauf der Inn das Gebiet von Sur Ent, Las Agnas und Ervedi unter Wasser setzte. Bereits 1900 brach der Damm erneut, und nochmals im Jahr 1920. Mit 1926, 1927 und 1940 folgten weitere Jahre mit grossen Überschwemmungen.(Nach S. Redolfi, 2007: Bever. Die Geschichte eines Engadiner Dorfes)

Überschwemmungen der 1950er Jahre

Und dann kamen die 1950er Jahre. Sie gingen als das Jahrzehnt der Überschwemmungen in die Geschichte ein. 1951, 1954, 1955, 1956 und 1957 wurde das Oberengadin von den Wassermassen heimgesucht. Besonders verheerende Schäden brachte das Hochwasser vom August 1954. Grosse Dammbrüche liessen die Fluten ungehindert auf Weide- und Wiesland auslaufen. Zwar floss das Wasser wieder ab, Schlamm, Sand und Kies blieben jedoch auf den Wiesen zurück. Zum Glück blieb das Dorf selber von den Wassermassen verschont.(Nach S.Redolfi, 2007: Bever. Die Geschichte eines Engadiner Dorfes)

Nach bestem Wissen und Gewissen

In den 1950er Jahren stand der Schutz des Kulturlandes an erster Stelle. Der Naturschutz hatte noch nicht den Stellenwert von heute. Die Natur war aber auch noch intakter als heute, Siedlungs- und Verkehrsflächen noch kleiner und viele wertvolle Lebensräume von Tieren und Pflanzen noch nicht zerstückelt oder zerstört.
Finanziell stellten die Dammbauten für eine kleine Berggemeinde wie Bever eine Herkulesaufgabe dar. Für Naturschutz-Massnahmen war niemand bereit, nochmals Geld in die Hand zu nehmen. Zudem kannte man damals keine andere Möglichkeit für einen genügenden Hochwasserschutz als der geradlinige Verlauf der Dämme und der harte Verbau des Flussbetts.
Damals schützten wir unser Kulturland vor der Natur, heute tun wir das immer noch, aber gleichzeitig schützen wir auch die Natur vor uns.